Dürrenmatt

Dürrenmatt
Dụ̈rrenmatt,
 
Friedrich, schweizerischer Schriftsteller, * Konolfingen (bei Bern) 5. 1. 1921, ✝ Neuenburg 14. 12. 1990, Sohn eines Pfarrers; studierte Theologie, Philosophie und Germanistik. Er war zunächst Zeichner und Grafiker (dabei bildliche Vorformung mancher Motive des literarischen Werks) und Theaterkritiker der Zürcher »Weltwoche«. Unter dem Einfluss F. Wedekinds, T. Wilders und besonders B. Brechts schrieb er Stücke, die mit den Stilmitteln der Verfremdung, zum Teil mit eingelegten Songs, anstelle der Illusionsbühne effektvolles, häufig groteskes Theater bieten; dahinter steht die Kritik eines Moralisten an Widersprüchen und Selbsttäuschungen seiner Zeit; auch religiöse Motive klingen an. Nach seiner Auffassung entspricht der modernen Welt auf dem Theater nur noch die (schaurig-groteske) Komödie. V. a. in den 50er- und frühen 60er-Jahren wurden seine Stücke gefeiert: Die Komödie »Der Besuch der alten Dame« (1956) hatte Welterfolg; eine ganze Gemeinde wird darin vor unverjährte Schuld gestellt und versagt kläglich. In »Die Physiker« (1962) wird das Irrenhaus zum Sinnbild der Gegenwart. Dürrenmatt schuf auch (sehr freie) Bearbeitungen von Shakespeares »König Johann« (1968) und »Titus Andronicus« (1970), A. Strindbergs »Totentanz« (»Play Strindberg«, 1969), Goethes »Urfaust« (1970) und G. Büchners »Woyzeck« (1972). Die meisten seiner Stücke hat Dürrenmatt mehrfach umgearbeitet. Seine Hörspiele sind zum Teil Vorstufen für Dramen oder Erzählungen. - Zeitprobleme gestaltet Dürrenmatt auch in seinen Kriminalromanen (»Der Richter und sein Henker«, 1952; »Der Verdacht«, 1953; »Das Versprechen«, 1958), die ebenfalls Mittel der Verfremdung und der schockierenden Überraschung einsetzen. Von den späteren Erzählungen wurde besonders »Der Auftrag oder Vom Beobachten des Beobachters der Beobachter« (1986) - aus 24 langen Sätzen bestehend - viel beachtet. Dürrenmatt hat sich außer zu ästhetischen auch zu politischen Fragen geäußert und sein eigenes Werk vielfach kommentiert. - Dürrenmatt erhielt viele Literaturpreise, u. a. den Georg-Büchner-Preis (1986).
 
Weitere Werke: Dramen: Der Blinde (1947); Es steht geschrieben (1947; völlige Neufassung 1967 unter dem Titel Die Wiedertäufer); Die Ehe des Herrn Mississippi (1952, 5. Fassung 1980); Ein Engel kommt nach Babylon (1954); Herkules und der Stall des Augias (1954); Romulus der Große (1956); Frank V., Oper einer Privatbank (1960, Musik von P. Burkhard); Der Meteor (1966); Porträt eines Planeten (1971); Der Mitmacher (1976); Die Frist (1977); Achterloo (1983; 3. Fassung mit Kommentar Dürrenmatts 1986 als: Rollenspiele).
 
Erzählungen: Der Nihilist (1950); Die Stadt. Prosa I-IV (1952); Grieche sucht Griechin (1955); Die Panne (1956); Der Tunnel (1964); Der Sturz (1971).
 
Romane: Justiz (1985); Durcheinandertal (1989).
 
Sonstiges: Theaterproblem (1955); Friedrich Schiller (1960); Theater-Schriften und Reden, 2 Bände (1966-72); Monstervortrag über Gerechtigkeit und Recht (1969); Zusammenhänge. Essay über Israel (1976); Albert Einstein (1979); Stoffe 1-3 (1981, mit Autobiographischem); Minotaurus. Eine Ballade (1985).
 
Ausgaben: Gesammelte Hörspiele (1961); Werkausgabe, 30 Bände (1980); Œuvre graphique. Das zeichnerische Werk (1985).
 
 
F. D. Studien zu seinem Werk, hg. v. G. P. Knapp (1976);
 
F. D., hg. v. H. L. Arnold, 2 Bde. (21980-84);
 J. Knopf: F. D. (41988);
 
Über F. D., hg. v. D. Keel (Zürich 41990);
 G. P. Knapp: F. D. (21993);
 
F. D., Schriftsteller u. Maler, bearb. v. U. Weber u. a., Ausst.-Kat. Schweizer. Literaturarchiv Bern u. a. (Bern 1994).

Universal-Lexikon. 2012.

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